Filmprojekt
der Klasse 10b des Freihof-Gymnasiums Göppingen mit Inge Auerbacher, einer
Überlebenden des Holocausts
Von Julia
Weiler, Annalena Rösser, David Knödler, Jannik Smarsley und Johannes Graff
Die Klasse
10b hat sich sehr gefreut, die Möglichkeit zu haben einen Dokumentarfilm mit
einer Überlebenden des Holocausts zu drehen. Inge Auerbacher kommt aus Anlass
der Ausstellung über Anne Frank zur Eröffnung nach Göppingen. Ermöglicht wurde
das Projekt durch die Stadt Göppingen mit Ulrike Haas, der Leiterin des
Referates Kinder und Jugend sowie Harald Maas dem Schulsozialarbeiter unserer
Schule. Uns interessiert was für heutige Schüler wichtig an einem Verbrechen
ist, das vor über 70 Jahren stattfand – Die Deportation der jüdischen Mitbürger
aus Göppingen in die Konzentrationslager. Mit der Hilfe von Gerhard Stahl,
einem Filmproduzenten haben wir dazu eine Einführung zum Thema Film im
Kreismedienzentrum Göppingen bekommen. Zusammen haben wir kleine Filme von uns
gedreht und geschnitten, das hat uns sehr viel Spaß gemacht. Geholfen hat uns
ein ehemaliger Schüler, Tim Winkler, der kurzfristig bereit war das Projekt als
Assistent zu unterstützen. Es war eine Abwechslung zum normalen Unterricht und
wir haben viel Neues gemacht.
Wir haben
uns unter Anleitung unserer Geschichtslehrerin Marion Welz ausführlich über
Inge Auerbacher informiert und Fragen für das Interview erarbeitet, die nicht
so häufig gestellt werden und die uns besonders interessieren so z.B.: Welche
Erwartungen haben Sie uns gegenüber?
Wir durften
uns entscheiden welche Aufgabe wir bei dem Filmprojekt übernehmen, im Bereich
der Technik als Kameramann/-frau, Tontechniker/-in und Cutter. Man konnte sich
auch für das Produktionsteam oder das Redaktionsteam entscheiden. Dann haben
wir uns überlegt wo gedreht wird, welche Fragen am jeweiligen Drehort gestellt
werden und wie das Projekt insgesamt ablaufen soll. Als nächste Übung haben wir
Interviews in der Fußgängerzone zu den Themen Holocaust, Anne Frank und Inge
Auerbacher geführt. Bei manchen Interviews haben wir zur Straße gefilmt, sodass
die vorbeifahrenden Autos zu sehen waren. Manche der Interviewten konnte man
nicht erkennen, da wir gegen die Sonne gefilmt hatten. So merkten wir, dass man
viel Übung braucht. Wir bekamen den Auftrag für den Eröffnungsvortrag in der
Stadtkirche für Frau Auerbacher einen Sessel zu organisieren. Deswegen gingen
wir zu „Höppel – die Idee“ in der Innenstadt und fanden dort einen passenden
Sessel, den uns der Inhaber sogar in die Stadtkirche für die Veranstaltung
liefert.
Zwei
Drehorte standen am Mittwoch, den 5. Oktober 2016 auf dem Drehplan, eine Gruppe
in Göppingen filmte verschiedene Stolpersteine in der Freihofstraße, der Burgstraße,
am Backshop und am Synagogenplatz. Bei einem davon standen Mülleimer darauf,
was zu einer Diskussion führte, ob dies ein angemessenes Gedenken ist. Uns kam
es seltsam vor, dass sie am Boden verlegt sind, wo jeder einfach nur darüber
läuft, ohne sie wirklich zu beachten. Eine andere Form des Gedenkens an die
Deportationen befindet sich an der Schiller-Realschule, doch auch diese Tafel
fällt einem nicht besonders auf.
Eine andere
Gruppe fuhr unter der Leitung von Andreas Förschler auf den Spuren der Deportation
der Göppinger Juden zum „Zeichen der Erinnerung“ an den Nordbahnhof in
Stuttgart. Dort sind noch die Gleise in den Tod zu sehen. Eingerahmt durch eine
Wand mit den Deportationsdaten, einer weiteren Wand mit allen Namen der über
2500 Deportierten und einer Informationswand mit Bildern, Texten und Gedichten.
Die seit zehn Jahren bestehende Gedenkstätte stimmte uns sehr traurig, da so
viele Menschen von hier aus in den Tod geschickt wurden. Uns überraschte, dass
es so lange gedauert hat, bis eine angemessene Gedenkstätte entstehen konnte.
Zuvor gab es in der Nähe nur eine kleine Gedenktafel an der Martinskirche, die
aber auch erst 1991 angebracht wurde. An der Wand mit den Namen ist auch der
von Inge Auerbacher und ihrer Familie vermerkt, die am 22.08.1942 nach
Theresienstadt verschleppt wurden.
Unser
Rückweg zur Straßenbahnhaltestelle führte uns über die israelitische Abteilung
des Pragfriedhofs. Wir erfuhren welche Bedeutung die ewige Ruhestätte für die
Juden hat. Für gläubige Juden ist es besonders schwer zu ertragen, dass die in
den Vernichtungslagern umgebrachten diese nicht haben. Dort steht auch ein
weiteres Denkmal zur Erinnerung an die ermordeten Juden Württembergs.
Nach
weiteren Vorbereitungsarbeiten in der Schule gingen wir um 9.00 Uhr am Donnerstag
in die Turnhalle der Schiller-Realschule zum ersten Treffen mit Inge
Auerbacher. Sie machte sofort einen sympathischen und herzlichen Eindruck, wie
sie die Turnhalle betrat. Sie war sichtlich bewegt, denn dies war der Ort an
dem die Göppinger Juden vor den Deportationen sich einfinden mussten, bevor sie
über den Zwischenstopp am Killesberg in die Konzentrations- und
Vernichtungslager geschickt wurden. Nach den Aufnahmen in der Turnhalle ging es
für einen Teil von uns für weitere Vorbereitungen zurück an die Schule, während
Frau Auerbacher ein Gespräch mit Schülern der Schiller-Realschule hatte.
Sie kam dann
im Anschluss zu uns an die Schule und berichtete in einem Vortrag vor unserer
und einer 6. Klasse von ihrem Schicksal; besonders ergreifend war es, als sie
vom Besuch in Riga erzählte, wo ihre Großmutter Betty Lauchheimer umgebracht
worden war und sie sich vorstellte diese schaue jetzt auf sie herunter. In sehr
persönlicher und lebendiger Art erzählte sie von ihrem Weg von Kippenheim nach
Jebenhausen und vom Leben im Konzentrationslager. Vom Hunger, den Krankheiten
und vom Tod, der sie in dieser Zeit umgab, aber auch von Freunden, dies sie in
dieser schweren Zeit fand. Sie wies uns darauf hin, dass auf vielen Fotos der
Deportationen Schaulustige zu sehen sind und meinte, dass diese Zuschauer sich
auch schuldig gemacht hätten. Man dürfe bei Ungerechtigkeiten wie z.B. Mobbing
nicht wegschauen, sondern müsse helfen.
Nach einer
Pause konnte unsere Klasse endlich das Interview mit ihr führen, unsere Frage
was sie von uns erwartet, hatte sie ja schon im Vortrag beantwortet und
wiederholte es noch einmal: Die Courage sich gegen Vorurteile zu engagieren,
gegen Fremdenfeindlichkeit in jeder Form. Denn auch wenn jemand eine andere
Hautfarbe, Religion oder sexuelle Neigung habe, sei er nicht anders sondern gleich..
Ihr Engagement in allen Ländern der Erde begründetet sie damit, sie fühle sich
den Kindern unter den 11 Millionen Opfern der NS-Dikatur gegenüber
verantwortlich gerade uns Schülern zu berichten, damit wir aus der Geschichte
lernen können.